Schuld und Verantwortung

Die Anamnese

Tatsächlich erlebe ich praktisch immer in Coachings, dass Menschen von Schuld sprechen. Und Schuld führt unweigerlich zu Stress und Stress zu Cortisol, einem Stresshormon, im Blut. Und dass Stresshormone keine positive Wirkung auf den Metabolismus und auch auf die Psyche haben, liegt wahrscheinlich auf der Hand. Ich komme auf diesen Zusammenhang später noch ausführlicher zu sprechen.

Ich bin schuld, dass …

Mein Vater ist schuld, dass …

Mein Arbeitgeber ist schuld, dass …

Der Staat ist schuld, dass …

Schuldgefühle
sind
Blockaden.

Gemein haben diese Aussagen, dass es einen eindeutigen Schuldner und demgegenüber ein klar zu identifizierendes Opfer gibt. In den allermeisten Fällen sind dabei die anderen oder die Umstände schuld.

Aus meiner Erfahrung entstehen viele Schuldgefühle, obwohl man sich dies kaum vorzustellen vermag, bereits im Mutterleib. Ein Fötus empfängt und spürt nämlich über Neurotransmitter Gefühle wie Ablehnung oder Enttäuschung über das Geschlecht. Alle Gefühle der Mutter übernimmt das Baby ungefiltert und widerspruchslos für sich selbst.

Im Kleinkindalter bis zu etwa drei Jahren nimmt das Kind gleichfalls alle Verhaltensweisen Dritter, insbesondere der Eltern, als richtig an und hinterfragt nichts. Alles, was als negativ empfunden wird, z.B. Vorwürfe, Ablehnung, Strafen usw., wird das Kind auf sich projizieren und als „so ist das“ verinnerlichen.

In dieser Zeit manifestieren sich alle Arten von Glaubenssätzen, Blockaden und Schuldgefühlen. Dies kann in Form von diffusen psychischen Blockaden zu Verhaltensauffälligkeiten führen. Schuldgefühle als seelische Belastung führen z.B. häufig zu einem Vermeidungsmuster.

Oftmals machen sich Erwachsene Vorwürfe für Geschehenes, weil sie eine Illusion von Kontrolle leben, z.B. „Ich hätte eine Situation als Kind verhindern können = daraus folgt eine Verantwortung als Erwachsener, da man versagt zu haben glaubt.“ Das Vermächtnis dieser Opferrolle kann dann schnell zu einer doppelten Selbstverdammung führen: „Weil ich nicht gut/stark genug war, ist es geschehen. Weil ich es zugelassen habe, bin ich schlecht. => Selbstverachtung“.

Dass solche Schuldgefühle nicht zu einem guten Ergebnis führen können, liegt auf der Hand. Allerdings behaupte ich, dass überhaupt kein einziges Schuldgefühl zu einem guten Ergebnis führen kann. Und ich behaupte, dass sämtliche Schuldgefühle unnötig sind, denn es geht nicht darum, jemandem eine Schuld zuzuschieben, sondern, wenn überhaupt, nur darum, eine Verantwortung anzuerkennen und das Beste anzustreben.

Schuldgefühle sind nur falsche Überzeugungen und das Gefühl der Schuld/Sühne ist negativ, denn das Schuld/Sühne-Gefühl ist nur ein Ersatz für jede Verantwortung und genauso negativ wie die Tat selbst. Die Anerkennung von Verantwortung ist jedoch kraftvoll und daraus folgendes verantwortliches Handeln ist positiv und zielführend.

Wie man solchen Schuldgefühlen auf den Grund gehen, ihre Herkunft analysieren und letztendlich alle negativen Emotionen mit den damit verbundenen Auswirkungen auflösen kann, erkläre ich in Coachings.